Samstag, 2. Juni 2018

HowTo: Dialyse

Heute begehen wir mal wieder den „Tag der Organspende“. Die bundesweiten Spenderzahlen sind weiter alarmierend. Während ich das Glück habe nun schon über ein Jahr mit meinem Bilbo das Leben genießen zu können, gehen andere Nierenkranke einem Teilzeitjob nach: der Dialyse.
Viele fragen wie sich Dialyse so anfühlt. Wenn man sich vorstellt, was während der Dialyse passiert, ist die Frage auch mehr als berechtigt.

Im folgenden spreche ich nur von der Hämodialyse, da ich nie Bauchfelldialyse hatte.

Ich begann meine Dialysekarriere im Alter von 12 Jahren über einen so genannten Sheldonkatheter im Hals, da es schnell gehen musste. Mein Kreatinin lag bereits bei 19,3. Erst ein paar Wochen später konnte der Shunt in meinen linken Unterarm gelegt werden. Während der Zeit bis der Shunt „reif“ wurde (er muss fleißig mit den allseits beliebten Anti-Stressbällen trainiert werden, um mehr Volumen zu bekommen), verbrauchte ich insgesamt drei Sheldon-Katheter, erst rechts, dann links und dann wieder rechts.

Die ersten Dialysen habe ich nur geschlafen. Der Körper war zu vergiftet, als dass ich überhaupt noch nachvollziehen könnte, was da passierte. Das einzige was mir in Erinnerung blieb, ist der Kommentar meines Bruders. Als er mich an der Maschine liegen sah mit den Schläuchen, die aus meinem Arm kamen, durch die das Blut in die Maschine gelangt, sagte er nur: „So viel Blut in meinem Zwerg!“

Erst nach und nach wurde mir bewusst, was da passierte. Das Blut wird quasi gewaschen. Je länger man dialysiert, umso mehr Giftstoffe kann die Maschine herausfiltern. Dabei handelt es sich meist um Phosphat, Kalium und Natrium. Zudem wird Wasser gezogen, da man als Nierenkranker in den meisten Fällen kaum oder gar keine Ausscheidung mehr hat. Man ist darauf angewiesen, dass die Maschine dem Körper überschüssige Flüssigkeit entzieht.

Nun zu der Frage: wie fühlt man sich? Das kommt darauf an. Wenn man in guter Tagesform ist und der Blutdruck durchgehend mitspielt, kann es eine angenehme Dialyse sein. Man merkt nichts, wenn beim Punktieren des Shunts alles gut geht. Dann hat man keine Schmerzen in den bei mir leider immer noch sehr zarten Gefäßen im Unterarm. Das lange Liegen führt manchmal dazu, dass man Schmerzen bekommt, wenn man eben falsch liegt. Zudem musste ich zumindest den Shuntarm auch immer ruhig stellen, da sonst die Maschine meckerte und Venen- oder Arteriendruck außer Kontrolle gerieten. Schwach fühlt man sich allerdings fast immer nach der Dialyse.

Wenn es eine schlechte Dialyse ist mit Blutdruckabfällen oder auch Schwindel, Übelkeit usw. kann es sich auch wie ein Marathonlauf anfühlen. Leider vertrug ich die Dialyse jetzt im Erwachsenenalter nicht mehr so gut wie damals. Während ich damals nach der Schule zur Dialyse ging und abends in der WG noch mit meinen Mitbewohnern gequatscht habe, war es diesmal so, dass ich mich danach erstmal 2 Stunden hinlegte, bevor nur irgendwas mit mir anzufangen war.


Während meiner Dialysezeit habe ich auch Wege gesucht mir die Dialyse angenehmer zu gestalten, sofern es möglich war. Außer dem tollen Frühstück vor Ort dienten der Dialysequalität folgende Tipps:

Dunkle Kleidung
Blutflecken sind keine schönen Flecken. Gerade weil man sich oft nach der Dialyse auf den Weg zur Arbeit, nach Hause oder sonst wohin macht, empfehle ich dunkle Kleidung, denn es wird häufig mal blutiger. Sei es beim Punktieren oder nach der Dialyse beim Abdrücken der Punktionsstellen.

Bequeme Kleidung
Eine Dialyse kann viele Stunden in Anspruch nehmen. Während ich damals an der Kinderdialyse nur 3,5 Stunden machen musste, hieß es mittlerweile nur noch „Dialysezeit ist Lebenszeit“. Daher erhöhte ich freiwillig meine Dialysezeit von 4 auf 5 Stunden erhöht hatte. Das lange Liegen im Krankenbett oder Sitzen auf den Dialyseliegen kann sehr unbequem sein. Deshalb sollte an den Anziehsachen nichts ziepen oder beengen. Ich trug meist eine Leggins oder Jogginghose und T-Shirt.

T-Shirt
Ich trug immer ein T-Shirt an der Dialyse. Dies lag einerseits daran, dass mir immer viel zu warm war andererseits konnte man so auch besser meinen Unterarm punktieren.

Dialysefrosch
Normalerweise werden die Schläuche durch die das Blut in die Maschine rein und aus der Maschine wieder rausläuft, an der Hand des Patienten befestigt. Dies schränkt die Funktion des Dialysearmes noch weiter ein und je nachdem wie fest die Schläuche angeklebt werden, kann es auch auf der Haut wehtun. Ein "Dialysefrosch" dient dazu, dass man ihn bspw am Bettlaken festmacht und die Dialyseschläuche durch ihn durchziehen kann. Somit hat man selbst keinen Kontakt zu den Schläuchen. Ich bekam einen an der Feriendialyse in Offenburg geschenkt und bin begeistert! Mehr unter: https://akut-dialyse.de/rotoclix.html

Externe Akkus oder Ladekabel
Die Dialysezeit kann sehr langweilig sein. Häufig schlafen Mitpatienten oder schauen Fernsehen. Da ich das heutige Fernsehprogramm nicht abkann, verbrachte ich die Dialysezeit meist am Smartphone oder Tablet. Damit diese Geräte im Dauerbetrieb die Dialysezeit durchhalten, ist es ratsam einen externen Akku oder ein langes Ladekabel, sofern freie Steckdosen vorhanden, mitzunehmen.

Kopfhörer
Andere Patienten sollten nicht mitbekommen, was man tut, bzw. will man es sich nicht mit denen verscherzen. Die aktuelle Spendenbereitschaft kann dazu führen, dass sowohl ich als auch mein Bettnachbar bis zu 10 Jahre auf eine Niere warten muss. Um den Frieden etwas länger aufrecht zu erhalten, sind Kopfhörer eine Wohltat.

Ich verbringe den heutigen Tag nicht an der Dialyse, sondern an einem Infostand zum Thema Organspende des Recklinghäuser Nierenkranke e. V.. Sollten euch noch Dialysetipps einfallen, gerne her damit!

Viele Grüße


Tajci

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